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In Berlin leben Tausende Menschen auf der Straße, viele von ihnen in Berlin-Mitte. Durch die kälter werdenden Temperaturen wird es für die betroffenen Menschen noch gefährlicher.  

Ich will, dass kein Mensch auf der Straße leben muss. Auch in unserem Ampel-Koalitionsvertrag haben wir beschlossen, Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden. Dafür wollen wir einen nationalen Aktionsplan entwickeln, der die unterschiedlichen Ideen, aber auch Aufgaben für Bund, Länder und Kommunen zusammenbringt. Um Input für meine politische Arbeit zu erhalten, war ich deswegen am 16. November in Berlin-Mitte unterwegs und habe mich mit verschiedenen Beratungs- und Hilfestellen zu ihrer Arbeit ausgetauscht.  

Zuerst war ich gemeinsam mit Taylan Kurt (MdA) bei KliK e.V., einer Kontakt- und Beratungsstelle für junge Menschen in Wohnungsnot in der Torstraße. Die Sozialarbeiter*innen des Vereins fokussieren sich auf die Altersgruppe der 18- bis 26-Jährigen und auf die Perspektive von wohnungslosen EU-Binnenmigrant*innen. Viele Personen, die in Berlin auf der Straße leben, kommen aus anderen EU-Ländern und fallen deswegen hier durch die staatlichen Hilfesysteme. Dafür brauchen wir Lösungen. Auch bei der Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit ist europäische Zusammenarbeit und Solidarität gefragt. Das Team von KliK hat seine Arbeit auch während der Pandemie fortgesetzt, neue Wege gefunden mit ihren Klient*innen zu kommunizieren und möglichst niedrigschwellig zu arbeiten. Sie haben eine Notversorgung mit dem Ausgeben von Essen und der Möglichkeit zu Duschen unter Beachtung der Maßnahmen aufrechterhalten. Sie erzählten von Menschen, die Stabilität in ihrem Leben schaffen konnten und so aus der Wohnungs- und Obdachlosigkeit rausfinden konnten. Im Vordergrund steht aber das Problem des fehlenden Wohnraums bzw. des angespannten Wohnungsmarktes – die Bilanz: In den letzten Monaten ist die Zahl der wohnungs- und obdachlosen Menschen auf der Straße leider wieder mehr geworden. 

Weiter ging es für mich im Gesundheitszentrum „Jenny de La Torre“. Gegründet wurde die Einrichtung von ihrer Namensträgerin und der gleichnamigen, spendenfinanzierten Stiftung. Hier erhalten wohnungs- und obdachlose Personen nicht nur eine medizinische Behandlung, sondern auch eine „soziale“ Behandlung wie mir die Leitung des Hauses erzählt hat. Die Anamnese ist umfänglicher als bei einem normalen Besuch einer Arztpraxis: Es wird nach dem letzten Kontakt zur Familie, zum aktuellen Schlafplatz oder der Essensversorgung gefragt. Die Patient*innen, welche mit medizinischen Beschwerden kommen, werden auch in der Suppenküche mit Essen versorgt, bekommen Kleidung aus der Kleiderkammer des Hauses, sowie rechtliche, soziale und psychologische Beratung und Betreuung. Hier werden etwa 20 Patient*innen pro Tag ambulant versorgt. Neben Allgemeinärzt*innen, stehen auch zahn-, haut- und augenärztliche Behandlungen sowie Orthopäd*innen und Internist*innen zur Verfügung. Die Ärzt*innen genau wie die Rechts- und Sozialberatung arbeiten hier ehrenamtlich.  

Am späten Nachmittag dieses kalten Thementages war ich mit zwei Streetworkern von Gangway e.V. verabredet. Unser Treffpunkt: Der Alexanderplatz. Gemeinsam haben wir über die Situation von wohnungs- und obdachlosen Menschen auf der Straße und speziell am und um den Alexanderplatz gesprochen. Die beiden Streetworker haben erzählt, dass sie in ihrer Arbeit viel Vertrauensarbeit mit den Menschen durch Gruppenangebote wie Fußballspielen oder Kinobesuchen leisten. Dies wird durch die hohe Fluktuation erschwert, denn aufgrund von Verdrängungsmechanismen bleiben die Menschen nicht lange an einem Ort.  

Der letzte Termin des Tages war auf dem Campus der Berliner Stadtmission in der Kältehilfe. In der Stadtmission habe ich mich zunächst mit Teilen der Verwaltungsleitung und Mitarbeitenden des Stadtmission Campus getroffen, um über aktuelle Themen in der Organisation zu sprechen. Auf dem Campus der Lehrter Straße gibt es seit Ende November wieder eine Corona-Station und die Ehrenamtlichen der Kältehilfe testen ihre Gäste zweimal die Woche. Hier bekommen wohnungs- und obdachlose Menschen in den kalten Wintermonaten eine warme Mahlzeit und – wenn gewollt – ein Bett. Sie können sich aufwärmen und verbringen die Nacht so nicht draußen bei kalten Temperaturen. Gemeinsam mit meinem Team habe ich zum Abschluss des Thementags in der Notübernachtung mitgeholfen und mit Ehrenamtlichen und Gästen direkt gesprochen. 

So konnte ich für meine politische Arbeit einiges aus diesem Tag mitnehmen:  

  • Wir brauchen nicht nur Modellprojekte, sondern müssen langfristig Strukturen verändern. Modellprojekte sind gute und wichtige Schritte, um Bedarfe zu klären und neue Ideen zu testen. Aber nur durch eine echte Veränderung der Strukturen in den Hilfe- und Sozialsystemen schaffen wir es Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu überwinden.  
  • Prävention ist von zentraler Bedeutung und gerade in der jetzigen Energiekrise besonders wichtig. Um zu verhindern, dass Menschen ihre Wohnung aufgrund von temporären Mietschulden verlieren, können wir nicht auf den Aktionsplan warten, sondern müssen schnell Veränderungen im Mietrecht schaffen! 

Daran werde ich in den kommenden Wochen und Monaten mit den Eindrücken dieses Thementags im Kopf arbeiten. Danke an Klik e.V., das Gesundheitszentrum Jenny de La Torre, Gangway e.V. und die Notübernachtung Lehrterstraße der Berliner Stadtmission für den wertvollen Austausch und eure sehr wichtige Arbeit! 

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