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Wer hält Berlin-Mitte am Laufen? 💪

Schon letztes Jahr stand meine Sommertour im Zeichen systemrelevanter Berufe. Daran habe ich dieses Jahr in meiner MITTE-Sommertour angeknüpft, allerdings in etwas anderer Form. In den letzten Jahren standen immer viele Termine an einem Tag an – wertvoll, aber oft dicht getaktet. Dieses Jahr habe ich einen Blick hinter die Kulissen unseres Alltags geworfen und die begleitet ohne die in unserem Bezirk gar nichts läuft: Feuerwehrleute, Polizist*innen, Bäcker*innen, Sanitäter*innen, Mitarbeitende in der Industrie. Keine klassischen Besuche, sondern Praktika fünf Tage lang.

Denn: Politik beginnt nicht im Bundestag, sondern bei den Menschen vor Ort. Wer verstehen will, was Beschäftigte und Betriebe wirklich brauchen, muss ihre Realität kennen. Während andere sich auf Leistung, Überstunden und längere Arbeitszeiten fokussieren, stand meine Sommertour im Zeichen anderer Fragen: Wie kann gute Arbeit gelingen auch mit Familie, auch im Schichtdienst, auch bei steigenden Anforderungen? Ich bin überzeugt davon: Arbeitszeit, Löhne, Belastung – darüber redet man nicht in Talkshows oder auf Podien, sondern mit den Menschen, die’s betrifft. Fünf Tage, fünf Arbeitswelten, und viele Eindrücke, die bleiben.

Mit der Polizei auf Streife und der Feuerwehr im Einsatz

Direkt zum Start wurde klar: Schichtarbeit ist körperlich und mental fordernd. 10 bis 12 Stunden im Einsatz, oft ohne festgelegte Pausen, das hinterlässt Spuren. Besonders beeindruckt haben mich die Gespräche über psychische Belastung und die Rolle von Empathie im Polizeialltag, etwa bei Fällen von häuslicher Gewalt. Wer hier Dienst tut, braucht nicht nur körperliche Fitness, sondern auch mentale Stärke – und Unterstützung. Die Bedeutung psychologischer Betreuung, verlässlicher Strukturen und auch eines offenen Umgangs mit Stress darf man nicht unterschätzen. Gleichzeitig habe ich mich gefragt: Wie gelingt unter diesen Bedingungen eigentlich Care-Arbeit zu Hause? Wie funktioniert Familie, wenn der Dienst rund um die Uhr ruft? Ich habe großen Respekt vor dem, was hier täglich geleistet wird.

Was fehlt, ist nicht nur Material, sondern oft auch Wertschätzung. Wenn in der Wache die Stifte aus eigener Tasche besorgt werden müssen, weil die bereitgestellten auf Formularen nicht schreiben, dann läuft etwas schief. Auch die Digitalisierung hinkt hinterher: Während die Feuerwehr längst mit Tablets arbeitet, füllt die Polizei Formulare noch per Hand aus.

Und wir sehen heute die Folgen politischer Versäumnisse: Bei Polizei und Feuerwehr fehlt eine Generation, weil in den harten Spar-Jahren Anfang der 2000er Jahre Berlin einen Einstellungsstopp verhängt hat. Mit den Folgen wird jetzt gekämpft, dieser Fehler darf nicht wiederholt werden

Zwei Tage bei Bayer: Industrie mitten in Berlin

Im Werk von Bayer mitten im Wedding habe ich erlebt, wie aus Wirkstoffen überlebenswichtige Medikamente für die ganze Welt entstehen. Jeder einzelne Schritt – von der Herstellung bis zur Verpackung – ist genau geregelt und erfordert höchste Präzision. Dabei kommen nicht nur moderne Technik und große Maschinen zum Einsatz, sondern vor allem das Know-how und die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden.

Besonders spannend war der Blick in die Verpackungsabteilung. Je nach Zielland gelten ganz unterschiedliche Vorschriften. In Japan müssen Medikamente besonders sicher verpackt sein, während in Italien der klassische Beipackzettel inzwischen durch einen QR-Code ersetzt wird. Es war beeindruckend zu sehen, wie flexibel und gleichzeitig exakt hier gearbeitet wird.

Neben der eigentlichen Produktion konnte ich auch weitere zentrale Bereiche des Standorts kennenlernen. Die Betriebsfeuerwehr zum Beispiel – immer einsatzbereit, hochprofessionell und ein oft unterschätzter Teil der industriellen Sicherheit.  Im firmeneigenen Kraftwerk habe ich gesehen, wie vor Ort die Energie erzeugt wird, die das gesamte Werk versorgt. Auch das ist anspruchsvolle Arbeit, die im Hintergrund stattfindet, aber unverzichtbar ist.

Ein besonderes Highlight war die Arbeit im Chemielabor: Gemeinsam mit Auszubildenden durfte ich einfache Analysen durchführen und einen Eindruck davon bekommen, wie viel Fachwissen und Konzentration nötig sind, um sichere und wirksame Medikamente herzustellen. Die Auszubildenden haben mir gezeigt, wie wichtig gute Ausbildung, Teamarbeit und Neugier für die Arbeit in der chemisch-pharmazeutischen Industrie sind. Was mir bei alldem immer wieder bewusst wurde: Ohne die Menschen läuft nichts. Sie sind es, die Verantwortung tragen, Abläufe überwachen und dafür sorgen, dass am Ende sichere und wirksame Medikamente entstehen – 7 Tage die Woche, im Schichtdienst und mit viel Einsatz.

Das Werk ist wie eine Stadt in der Stadt – mit vielfältigen Jobs, hoher Taktung und enormem Know-how. Körperliche Belastung ist auch hier Thema, etwa am Fließband. Aber auch: Innovation und Vision. Mit Initiativen wie LEAPS oder dem Co.Lab treibt Bayer neue Ideen gezielt voran. Das große Ziel: Berlin zum Boston an der Spree machen – also Forschung aus Start-ups und der Charité raus aus der Nische holen und Berlin als führendes Bio-Tech-Zentrum etablieren.

Ein Tag in der Backstube: Ehrliches Handwerk erleben

Ich liebe gutes Brot und das Domberger Brot-Werk in meinem Wahlkreis kann sich wirklich sehen (und schmecken) lassen. Hier ist noch echtes Handwerk gefragt: Sauerteig, Teig abwiegen, falten, Brezeln schlingen, Ofen bedienen. Ich durfte einen ganzen Tag mit anpacken. Und habe nicht nur viel gelernt, sondern auch großen Respekt vor der körperlichen Arbeit gewonnen, die hinter jedem Laib Brot steckt.

Besonders beeindruckend: das eingespielte Team. Ob gelernte Bäcker*innen oder Quereinsteiger*innen – alle arbeiten mit Leidenschaft. Und das zahlt sich aus: Fachkräftemangel? Hier kein Thema. Wer hier einkauft, bekommt mehr als nur Brot: ehrliche Handwerkskunst, ein Stück Gemeinschaft und einen Einblick in eine Arbeitswelt, die oft unterschätzt wird. Die zahlreichen Kund*innen sind bereit Qualität auch fair zu bezahlen. Wertschöpfung durch Wertschätzung – das geht.

Mein Fazit:

Jede Tablette, jede Brezel, jede Einsatzschicht von Feuerwehr oder Polizei – hinter alldem stehen Menschen, die mit großer Verantwortung, Sorgfalt und oft unter hoher Belastung ihren Beitrag leisten. Diese Sommertour war mehr als eine Reihe von Terminen: Sie war eine Reise zu den Menschen, die unser Leben im Alltag am Laufen halten. Egal ob Blaulicht oder Backstube: Gute Arbeit braucht gute Bedingungen. Und Politik, die hinschaut, zuhört und mit anpackt.

 

Und übrigens: Alle haben gesagt, ein Tag reiche nicht aus und ich muss wiederkommen. Das mache ich gern!